Donnerstag, Juli 17, 2003

Landtag von Baden-Württemberg: Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE

Landtag von Baden-Württemberg Drucksache 13 / 2282

13. Wahlperiode 17. 07. 2003

Gesetzentwurf der Fraktion GRÜNE

Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg

A. Zielsetzung

Die schwierige Finanzlage vieler Kommunen hat das Interesse an innovativen, aber auch problematischen Finanzierungsinstrumenten zur Erschließung zusätzlicher Finanzmittel gesteigert. Entsprechende Modelle versuchen in der Regel, steuerliche Konstruktionen nutzbar zu machen (z. B. Cross-Border-Leasing-Geschäfte). Solche Konstruktionen können mit einem hohen Risiko verbunden sein; sie können aber auch der im gesamtstaatlichen Interesse zu berücksichtigenden Gemeinwohlorientierung zuwiderlaufen. Deshalb muss in die Gemeindeanordnung ein Gebot zur Vermeidung besonderer finanzieller Risiken aufgenommen werden.

B. Wesentlicher Inhalt

In die Gemeindeordnung wird ein – aus dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abgeleitetes – Gebot der Vermeidung besonderer finanzieller Risiken aufgenommen. Solche Risiken liegen vor, wenn besondere Umstände die erhöhte Gefahr eines erheblichen Vermögensschadens begründen. Daran anknüpfend werden die Vorschriften der Gemeindeordnung über die Genehmigungspflicht durch die Bestimmung ergänzt, dass die Genehmigung zu versagen ist, wenn eine Kommune durch ein Rechtsgeschäft, das nicht eine Investition zum Gegenstand hat, einem Dritten steuerliche Vorteile verschafft, um daran zu partizipieren.

C. Alternativen

Keine.

D. Kosten

Soweit es um Cross-Border-Leasinggeschäfte geht, hindert der Gesetzentwurf die Kommunen daran, sich durch solche Geschäfte zusätzliche Finanzmittel zu verschaffen; er bewahrt sie aber auch vor besonderen Risiken.

Eingegangen: 17. 07. 2003 / Ausgegeben: 31. 07. 2003

Der Landtag wolle beschließen, dem nachstehenden Gesetzentwurf seine Zustimmung zu erteilen:

Gesetz zur Änderung der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg

Artikel 1

Änderung der Gemeindeordnung

Die Gemeindeordnung für Baden-Württemberg in der Fassung vom 24. Juli 2000 (GBl. S. 582, ber. S. 698), geändert durch § 25 des Mittelstandsförderungsgesetzes vom 19. Dezember 2000 (GBl. S. 745), wird wie folgt geändert:

1.§ 77 wird folgender Absatz 3 angefügt:

„(3) Bei der Führung der Haushaltswirtschaft hat die Gemeinde besondere finanzielle Risiken zu vermeiden. Ein solches Risiko liegt vor, wenn besondere Umstände, vor allem ein grobes Missverhältnis bei der Risikoverteilung zu Lasten der Gemeinde, die erhöhte Gefahr eines erheblichen Vermögensschadens begründen. In der Regel ist ein besonderes finanzielles Risiko auch dann zu vermuten, wenn für ein Rechtsgeschäft, das eine Investition nicht zum Gegenstand hat, ein Recht aus dem Bereich außerhalb der Vertragsstaaten der Europäischen Union gewählt wird und die Gemeinde sich langfristig zu einem bestimmten Handeln oder Unterlassen verpflichtet.“

2.§ 87 Abs. 1 wird folgender Halbsatz angefügt:

„; die Genehmigung ist zu versagen, wenn das Rechtsgeschäft nicht eine Investition zum Gegenstand hat, sondern auf die Erzielung wirtschaftlicher Vorteile dadurch gerichtet ist, dass die Gemeinde einem Dritten steuerliche Vorteile verschafft.“

3.§ 102 Abs. 2 erhält folgende Fassung:

„(2) Wirtschaftliche Unternehmen der Gemeinde sind unter Beachtung betriebswirtschaftlicher Grundsätze, des Grundsatzes der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit und des Gebots der Risikovermeidung (§ 77 Abs. 3) so zu führen, dass der öffentliche Zweck erfüllt wird; sie sollen einen Ertrag für den Haushalt der Gemeinde abwerfen.“

Artikel 2 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tage nach seiner Verkündung in Kraft.

15. Juli 2003

Oelmayer, Kretschmann und Fraktion

Begründung

A. Allgemeine Begründung

Die schwierige Finanzlage vieler Kommunen hat das Interesse an innovativen Finanzierungsinstrumenten zur Erschließung zusätzlicher Finanzmittel gesteigert. Entsprechende, vor allem von Finanzinstituten entwickelte Modelle versuchen in der Regel, steuerliche Konstruktionen nutzbar zu machen. So werden beim Cross-Border-Leasing ausländische Steuergestaltungsmöglichkeiten genutzt. Derartige Rechtsgeschäfte sind wegen ihrer außerordentlichen Komplexität, ihrer Abhängigkeit von ausländischem Steuerrecht, ihrer zum Teil extrem langen Laufzeiten, u.U. auch wegen der ungleichen Risikoverteilung mit besonderen Risiken für die Kommunen und die kommunalen Unternehmen verbunden. Solche Modelle sind mit der Stellung der Kommunen im Verband des Gesamtstaates nicht vereinbar.

B. Einzelbegründung

Zu Nummer 1 – § 77 Abs. 3

Der neue Absatz 3 des § 77 soll die Gemeinden vor besonderen Risiken bewahren. Mit Modellen, deren Grundlage insbesondere steuerrechtliche Rechtsvorschriften aus dem Bereich außerhalb der Vertragsstaaten der Europäischen Union sind, ist ein hohes Risiko schon aufgrund ihrer Komplexität verbunden. So umfassen die eigentlichen Vertragswerke in Cross-Border-Leasing-Fällen bis zu 70 englisch abgefasste Verträge mit über 1.000 Seiten. Sie können daher von den Kommunen selbst nicht mehr beurteilt werden, sodass deren Entscheidung nicht das eigentliche Vertragswerk, sondern nur eine Transaktionsbeschreibung zugrunde liegt. Der außerordentliche Beratungsbedarf verursacht hohe Kosten. Die Risiken beginnen mit der Unsicherheit über den Fortbestand der hinter den Steuervorteilen stehenden Vorschriften, sie können sich fortsetzen in einer ungleichen Verteilung des Bonitätsrisikos einzelner Vertragspartner und des Betriebsrisikos der betreffenden Anlage zum Nachteil der Kommune. Die Vorhersehbarkeit wird auch durch die sehr langen Laufzeiten der Verträge erschwert (der Hauptmietvertrag läuft regelmäßig 99, der Rückmietvertrag 20 bis 35 Jahre). Diese beeinträchtigen langfristig die Handlungsfreiheit der Kommune.
Wegen der möglichen hohen Schäden, die den Kommunen entstehen können, ist es zu ihrem Schutz notwendig, den Abschluss besonders risikoreicher Rechtsgeschäfte zu verhindern. Mit dem Gesetzentwurf soll daher in die Vorschrift über allgemeine Haushaltsgrundsätze (§ 77 GO) ein aus dem Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit abgeleitetes Gebot der Risikovermeidung eingefügt werden (Absatz 3 Satz 1). Dieses Gebot kann sich nur auf besondere finanzielle Risiken erstrecken. Zum einen muss die Wahrscheinlichkeit, dass ein Vermögensschaden eintritt, höher sein, als eine an der dauerhaften Erfüllung des öffentlichen Zwecks orientierte, mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns handelnde Kommune im Geschäftsleben akzeptieren würde. Zum anderen kann es nur um erhebliche Vermögensschäden gehen.

Der Gesetzentwurf enthält in Absatz 3 Satz 2 beide Gesichtspunkte und nennt als besonderen Umstand, der für eine erhöhte Gefahr spricht, beispielhaft ein grobes Missverständnis bei der Risikoverteilung zu Lasten der Kommune. Absatz 3 Satz 3 enthält darüber hinaus eine Regelvermutung, die davon ausgeht, dass das Zusammentreffen der dort genannten Umstände eine „kritische Masse“ für die Annahme eines besonderen finanziellen Risikos bildet.

Zu Nummer 2 – § 87 Abs. 1, 2. Halbsatz

Den Kommunen steht die Nutzung steuerlicher Möglichkeiten grundsätzlich ebenso offen wie Privaten. Sie können also im Zusammenhang mit der Erfüllung ihrer Aufgaben Rechtsgeschäfte so gestalten oder die Form ihres Rechtshandelns so wählen, dass ihnen daraus optimale steuerliche Vorteile erwachsen. Dieser Grundsatz kann aber dann nicht gelten, wenn eine Kommune – wie im Fall von sog. Sale-and-Lease-back-Transaktionen – ein Rechtsgeschäft zu dem Zweck abschließt, einem Dritten einen Steuervorteil zu verschaffen und als Gegenleistung einen Anteil daran zu erhalten. Der Zweck solcher Rechtsgeschäfte ist nicht die Erfüllung einer konkreten öffentlichen Aufgabe, sondern die Erzielung von Einnahmen durch Ausnutzung von Steuergestaltungsmöglichkeiten. Es ist nicht Aufgabe einer Kommune, Dritten gegen Entgelt Steuervorteile zu verschaffen.
Die Ergänzung der Genehmigungsvorschrift des § 87 Abs. 1 GO soll die dargestellten Transaktionen unterbinden. Diese sind kreditähnliche Rechtsgeschäfte und damit genehmigungspflichtig. Aus den genannten Gründen kann eine Genehmigung nicht erteilt werden. Mit dem Bezug auf Rechtsgeschäfte, die auf die Erzielung wirtschaftlicher Vorteile dadurch gerichtet sind, dass die Kommune einem Dritten steuerliche Vorteile verschafft, soll deutlich gemacht werden, dass es sich nicht um die „normale“ Ausnutzung steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit kommunaler Aufgabenerfüllung handelt. Die Formulierung verlangt nicht eine entsprechende Absicht, sondern lässt es genügen, dass das Rechtsgeschäft objektiv auf die angesprochene Wirkung ausgerichtet ist.

Zu Nummer 3 – § 102 Abs. 2

Das in § 77 Abs. 3 GO geregelte Gebot der Risikovermeidung ist auch bei der Führung von wirtschaftlichen Unternehmen der Gemeinde zu beachten (Änderung von § 102 As. 2 GO). Darüber hinaus hat diese Änderung zur Folge, dass die Gemeinden das Gebot bei der Steuerung ihrer Eigen- oder Mehrheitsgesellschaften (§ 103 GO) ebenfalls beachten müssen.

Donnerstag, Juli 10, 2003

Latest German Fad: Leasing Out the Subway

With smooth-running trains, bright, well-kept stations and a blissful lack of crowds, Frankfurt's subway is a pleasant surprise for people from more teeming cities.

For American visitors who cannot get enough of the U-Bahn subway system, Frankfurt is making a special, once-in-a-lifetime offer: lease the whole system for 99 years with an upfront payment of roughly $100 million. Frankfurt will even throw in its above-ground streetcar network. <more>

'German tax authorities take a clever view,'' said Ulrich Eder, the managing director of a tax advisory firm in Düsseldorf that specializes in cross-border leases. ''They say that the city is receiving a cash benefit for enabling the lease holder to gain a tax benefit.''

Mittwoch, Juli 09, 2003

''That's a good question''

Die legendäre Stellungnahme eines der führenden U.S. Steueranwälte läßt sich in der New York Times vom 9. Juli 2003 (online verfügbar) nachlesen. Sie sei hier auszugsweise zitiert:

"His testimony contrasted with that of an earlier witness, Mr. S., a tax partner at ... in New York who wrote legal opinions on the ...-leasing tax shelters. Under questioning by Mr. H., Mr. S. acknowledged that he never checked out the economic and other assumptions of the deals he gave opinions on. Mr. S. said he did not write down many significant points of his analysis, and that even when one of the ... deals was completely reversed after it was completed, it did not prompt him to reconsider his opinion on the validity of the tax shelters.

Mr. S.'s answers prompted Judge A. of the United States District Court here to question him closely about the reasons that ... gave a weak opinion on one tax shelter, saying it was ''more likely than not'' to survive an audit, and later issued a much stronger opinion that a virtually identical deal ''should'' survive. Mr. S. said he only signed one of the opinions.

The judge also pressed Mr. S. to explain why he never checked the assumptions passed on to him by the three parties to the deal, all of whom used the same investment banker, ...

Judge A. asked: ''How, in the business of writing opinions, can you rely on the representations of strangers?''

''That's a good question,'' Mr. S. said.

Link zum Artikel in der New York Times

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