Sonntag, Juli 04, 2004

SPD in Porz und Poll: Cross-Border-Leasing vor dem Ende?


 Die umstrittenen Cross-Border-Leasing-Geschäfte deutscher Kommunen mit US-amerikanischen Investoren werden offenbar vom amerikanischen Gesetzgeber unterbunden. Das berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger in seiner Online-Ausgabe vom 6. Juli:

Die Geldquelle in den USA droht zu versiegen
Von Nadine Schwede
Offen ist offenbar nur noch, ob eine Neuregelung rückwirkend gelten soll.

Essen – Das Ende der von vielen finanzschwachen Kommunen gepriesenen "Cross-Border-Geschäfte" steht offenbar unmittelbar bevor: Die schon vor Monaten angekündigte Gesetzänderung, die diese ebenso beliebten wie umstrittenen Steuersparmodelle unterbindet, soll in den kommenden Wochen verabschiedet werden. Umstritten ist offenbar nur noch, ob die Änderungen rückwirkend oder "nur" für Neuverträge gelten werden. Mit dem Ende der Transaktionen lauert zudem eine neue Gefahr: Die amerikanischen Partner könnten versuchen, auf Kosten der Kommunen aus alten Verträgen auszuscheiden.

Zahlreiche Kommunen verpachteten in den vergangenen Jahren Kanalisation, Messehallen oder Straßenbahnanlagen an US-Investoren und spülten damit Millionenbeträge in die leeren Haushaltskassen. Kritiker bewerteten die Übersee-Geschäfte der Städte und Gemeinden, von denen es bundesweit seit Mitte der 90er Jahre mehr als 150 gab, als dubiose Luftgeschäfte.

Das "Cross Border Leasing" (CBL) beruht auf einem Trick zu Lasten des US-Steuerzahlers: Auf Basis einer komplexen rechtlichen Konstruktion verpachten Städte ihre Infrastruktur langfristig an einen US-Investor und mieten sie umgehend zurück. Zwar bleibt die deutsche Seite rechtlicher Eigentümer, in den USA wird der Investor aber wegen der langen Laufzeit zumindest als wirtschaftlicher Eigentümer angesehen – und kann die Investition steuerlich nutzen. Ein Teil der ersparten Steuermillionen fließt dann an den deutschen Partner zurück – meist ein zumindest zweistelliger Millionenbetrag.

In den vergangenen Wochen haben US-Senat und -Repräsentantenhaus ihre Vorlagen für Steueränderungsgesetze verabschiedet, von denen auch die CBL-Geschäfte betroffen sind. Das Problem: Nach dem Entwurf des Senats sollen die Transaktionen auch rückwirkend nicht mehr abgeschrieben werden können. "Wenn die Abschreibungsoption entfällt, ist das für den Investor katastrophal", sagt der Geschäftsführer der Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft Due Finance, Ulrich Eder. Es könnten Vertragsbrüche provoziert werden. Das Modell des Repräsentantenhauses bezieht sich dagegen nur auf zukünftige Verträge. "Und dieser Entwurf wird im Kongress durchkommen, das sagt mir mein Bauch", so der CBL-Experte.

Doch selbst im schlechteren Fall wären die Kommunen eigentlich auf der sicheren Seite. Risiken durch Änderungen im Steuerrecht hätten die Amerikaner vertragsgemäß übernommen. Voraussetzung sei aber, dass die Städte so wasserdichte Verträge abgeschlossen hätten, dass es für die US-Partner keine Lücken gebe, die sie zum Vertragsbruch nutzen könnten oder die ihnen hohe Anwaltskosten in den USA bescheren könnten. Wie viele Städte lückenhafte Verträge hätten, darüber kann Eder nur spekulieren. "Viele Kommunen täten jedenfalls gut daran, sich mit dem Inhalt ihrer Verträge zu beschäftigen, und mögliche Schwachstellen herauszuarbeiten", sagte er.

Beim NRW-Landesrechnungshof läuten die Alarmglocken: Die seitenlangen Verträge böten so viele Fallstricke, vor denen sich die Kommunen gar nicht umfassend schützen könnten. Sollte eine Stadt dann durch eine Rückzahlungsverpflichtung in eine finanzielle Schieflage geraten, müsse am Ende gar das Land zahlen. Es sei immerhin notfalls verpflichtet, für die Kommune einzustehen. Das Landesinnenministerium sieht es gelassener: "Wir wissen von keinem Vertrag, der ohne entsprechende Rückversicherung abgeschlossen wurde", sagt eine Sprecherin.

Auch viele Städte geben sich sorglos. "Wir haben unsere Verträge so ausgehandelt, dass das Steueränderungsrisiko in voller Höhe beim US-Investor bleibt", sagt etwa Essens Kämmerer Marius Nieland. Der Stadt hatte das Verleasen ihrer Messehallen 2001 etwa 20 Millionen Euro gebracht, für die Schieneninfrastruktur gab es ein Jahr später 70 Millionen Euro. Genauso in Bochum: Die Stadt hat keine Zweifel an der Rechtsgültigkeit ihres CBL-Geschäfts, bei dem die Vermietung des Abwasserkanalnetzes 20 Millionen Euro einbrachte. (dpa)

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