Sonntag, März 19, 2006

Cowboy oder Kaufmann - Risikomanagement bei Cross-Border-Leasing Transaktionen


Der Aufsatz beschreibt den Aufbau eines Risikomanagementsystems für Cross-Border-Leasing Gestaltungen der öffentlichen Hand.


der gemeinderat, März 2006;

Freitag, März 03, 2006

Austausch von Finanzprodukten

Der nachträgliche Austausch von Finanzprodukten im Rahmen von U.S. Cross-Border-Leasing Transaktionen

I. Bonitätsrisiken innerhalb der Leasingstruktur

U.S. Cross-Border-Leasing beruht auf dem Prinzip, daß sämtliche absehbaren Zahlungen während der Laufzeit einschließlich des Optionskaufpreises bereits bei Vertragsabschluß vorausbezahlt werden ("Karussellgeschäft"). Die Vorauszahlungen erfolgen aber lediglich wirtschaftlich, nicht rechtlich. Bei einer derartigen "Defeasance" wird mit den Finanzinstituten vereinbart, daß diese die Zahlungen zum richtigen Zeitpunkt und in richtiger Höhe anstelle des Leasingnehmers erbringen. Fällt eine Bank aus, so müßte der Leasingnehmer (erneut) zahlen. Das Bonitätsrisiko aus den verwendeten Defeasance-Produkten trägt somit jeder Leasingnehmer selbst.

Bei Cross-Border-Leasing Gestaltungen der Jahre 1999 bis 2004 kamen typischerweise drei Defeasance-Elemente zum Einsatz, die der Leasingnehmer selbst ausgewählt hat. Es sind dies die beiden Finanzprodukte zur Vorauszahlung der laufenden Rückmietzahlungen und die sogenannte Eigenkapitaldefeasance zur späteren Zahlung des Kaufoptionspreises. Deren Bonität beruht auf der Werthaltigkeit eines Wertpapierbestandes (Treasuries, Pfandbrief, Industrieanleihe) oder eines Finanzinstituts (Groß- oder Landesbank, Versicherung). Teilweise beinhalten Finanzprodukte die Verpflichtung, bei einem Ratingverfall Zusatzsicherheiten zu stellen, z.B. zugunsten des Leasingnehmers ein Wertpapierdepot zu verpfänden.

Die Auswahl der Defeasance-Produkte erfolgte regelmäßig im Rahmen des Verhandlungsverfahrens einer europaweiten Ausschreibung. Die Bonitätseinschätzung war hierbei eines der wesentlichen Auswahlkriterien. Je besser die Bonität ist, um so teurer war das Finanzprodukt und um so weniger verblieb dem Leasingnehmer bei Vertragsabschluß als Barwertvorteil.

II. Nachträgliche Eingriffe in die Finanzierungsstruktur

Ein nachträglicher Eingriff in die Finanzierungsstruktur erfolgt, weil und wenn es notwendig ist oder aber freiwillig. Die Notwendigkeit kann sich aus vertraglichen Vorgaben (sog. Rating-Trigger) ergeben oder im Falle des drohenden Ausfalls des Finanzprodukts. Letzteres ist bezüglich deutscher Cross-Border-Leasing Transaktionen bis jetzt nicht bekannt geworden.

Eine freiwillige Restrukturierung hat das Ziel, zusätzliche Finanzvorteile oder eine Verbesserung der Bonität des gewählten Finanzprodukts zu erzielen. Es liegt auf der Hand, daß beide Ziele nicht gleichzeitig erreicht werden können. Da die internationalen Kapitalmärkte transparent sind und jegliche Ungleichmäßigkeiten sofort ausgeglichen werden, ist ein besseres Finanzprodukt auch gleichzeitig ein teureres Finanzprodukt.

1. Bonitätsverbesserung

Eine freiwillige Investition des Leasingnehmers in die Leasingstruktur durch eine nachträgliche Bonitätsverbesserung ist sachgerecht, wenn sich die Bonität des verwendeten Finanzprodukts oder aber die kaufmännische Beurteilung der Risikosituation nachträglich verändert. Die zwischenzeitliche Änderung der steuerlichen Situation in den USA hat hierauf keine Auswirkung, da dies die Bonitätsrisiken unberührt läßt. Es geht also nur um Gestaltungen, bei denen die damaligen Strukturentscheidungen aus heutiger Sicht nicht mehr als sachgerecht angesehen werden oder zur Vermeidung von Klumpenrisiken. Dies wird nur in Ausnahmefällen gegeben sein, die bisher nicht bekannt geworden sind.

2. "Zweiter Barwertvorteil"

Übrig bleiben somit die auch finanziell interessanten Fälle, bei denen eine begrenzte Bonitätsverschlechterung bewußt in Kauf genommen wird, um einen weiteren Ertrag, den sogenannten "zweiten Barwertvorteil" zu erzielen. Diese Vorgehensweise folgt dem Grundsatz, daß die öffentliche Hand - wie jedes Privatunternehmen - gehalten ist, wirtschaftlich zu handeln und unter Berücksichtigung der Chancen und Risiken am Markt verfügbare Finanzvorteile auszuschöpfen. Hierzu gehört auch, daß bestehende Finanzierungen laufend auf Optimierungsmöglichkeiten überprüft werden.

Zu berücksichtigen ist hierbei allerdings, daß es zur Erzielung von Erträgen aus der Übernahme von Kapitalmarktrisiken nicht des vorhergehenden Abschlusses einer Cross-Border-Leasing Transaktion bedürfte. Durch den Erwerb eines Finanzderivativs, einem sogenannten Credit Default Swap, kann jeder Kapitalinvestor als Stillhalter entsprechende Vorteile vereinnahmen. Es ist offensichtlich, daß eine derartige Betätigung nicht die primäre Aufgabe von deutschen Kommunen und kommunalen Unternehmen sein kann.

Akzeptabel ist die Erzielung des "zweiten Barwertvorteils" daher nur dann, wenn dies im Einklang mit der Risikopolitik des laufenden Cross-Border-Leasing Verfahrens erfolgt. Hier bieten sich insbesondere zwei Fallgestaltungen an:
Eine Bonitätsverschlechterung kann verantwortet werden, wenn hierdurch eine Angleichung der Risikohöhe an die Vertragsbruchrisiken aus dem Leasinggeschäft erfolgt. Soweit aufgrund der neueren Entwicklungen ein laufendes Risikomanagementsystem eingerichtet wurde, welches eine kontinuierliche Prüfung und Kontrolle der Vertragsbruchrisiken der Leasingtransaktion sicherstellt, so können dann auch Finanzprodukte verwendet werden, die einer verstärkten Überwachung bedürfen.

Die Bonitätsverschlechterung ist auch dann akzeptabel, wenn der neue Bonitätsträger ein besonderes Vertrauen der kommunalen Seite genießt. Während U.S. Investoren primär auf das "kalte Rating" abstellen, kann eine Kommune hiervon losgelöst sicherlich auf ihre eigene Landesbank vertrauen, mit der seit Jahrzehnten großvolumige Geschäfte getätigt werden. Die Vorteile dieses "gefühlten Ratings" gegenüber den Beurteilungen der internationalen Ratingagenturen können daher durch eine "Repatrisierung der Finanzprodukte" zum Vorteil der kommunalen Seite genutzt werden.

Es kann somit festgestellt werden, daß die Restrukturierung der verwendeten Finanzprodukte auch für einen risikobewußten kommunalen Leasingnehmer eine attraktive Gestaltungsform sein kann.

III. Ausgestaltung und Verfahrensweise

Die Restrukturierung kann dadurch erfolgen, daß bestehende Defeasanceprodukte durch die neue Finanzierung ersetzt werden. Dies erfordert die vorzeitige Beendigung der Vereinbarungen mit den Banken, den Verkauf von etwaigen Wertpapieren zum besten Zeitpunkt und die Vereinbarung einer neuen Defeasance. Hierzu bedarf es regelmäßig der Einbeziehung der Vertragspartner aus dem Leasinggeschäft und oftmals deren ausdrücklicher Zustimmung. Ob der U.S. Investor, der die eigenen Steuervorteile bereits verloren hat, den Weg für einen Zusatzertrag seines deutschen Vertragspartners frei macht, wird in vielen Fällen zweifelhaft sein. Der Austausch einer Defeasance-Bank kann weitere Folgewirkungen haben, z.B. durch das Erfordernis zum gleichzeitigen Austausch einer Darlehensbank.

Die Alternative zum physischen Austausch ist die lediglich derivative Gestaltung. Der Abstimmungsbedarf und die Zustimmungsbedürftigkeit werden hierdurch im Regelfall verringert. Durch die Vereinbarung eines Cash Flow Swap Agreements mit einer Bank können die Zahlungsströme der alten und der neuen Finanzierungsstruktur getauscht werden, ohne daß es einer Kündigung von leasingvertraglichen Vereinbarungen bedarf. Die zukünftigen Zahlungen aus der bisherigen Defeasancestruktur werden zur Anschaffung des zusätzlichen Finanzprodukts verwendet, der verbleibende Restbetrag fließt der kommunalen Seite zu.

Ein kommunaler Leasingnehmer wird eine derartige Restrukturierung sinnvollerweise nicht ohne Einbeziehung seiner U.S. Anwaltskanzlei durchführen, um die U.S. rechtlichen Anforderungen einzuhalten und die U.S. steuerlichen Zusatzrisiken beurteilen zu können. Weitere Problemfelder sind Fragen der Wirtschaftlichkeit und die deutschsteuerlichen Auswirkungen. Zu berücksichtigen sind daneben die Vorgaben des Vergaberechts sowie die Auswirkungen auf eine vorzeitige Beendigung der Leasingtransaktion. Durch eine bankunabhängige Beratung und ein sachgerechtes Zeit- und Aktionsmanagement kann dennoch sichergestellt werden, daß eine derartige Restrukturierung in einem kompakten Verfahren zu vorteilhaften Ergebnissen führt.