Dienstag, März 01, 2005

Risiken des U.S. Cross-Border-Leasings

Cross-Border-Leasing Verträge müssen so verhandelt und abgeschlossen werden, als ob die Investoren- und Bankenseite jeden Schwachpunkt und jede Unklarheit zu Lasten der kommunalen Seite ausnutzen würde. Es entspricht der traditionellen U.S. amerikanischen Anwalts- und Unternehmenskultur, daß Fehler gnadenlos ausgenutzt werden. Die nachlässige Verhandlungsführung in der Erwartung, daß auf Rechtspositionen später verzichtet und vorteilhafte Gestaltungsmöglichkeiten nicht ausgeübt werden könnten, ist naiv und sträflich. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß der Investor seine vertragliche Position jederzeit mit allen Rechten und Pflichten auf robuste Dritte ("Bad Lease Investor") übertragen kann.

Die Risiken aus einer abgeschlossenen Cross-Border-Leasing Transaktion lassen sich generell einteilen in die drei Risikoklassen

* nachträgliche Zahlungspflichten,
* Vertragsbruch und
* Steuerentschädigungspflichten.

Im ersten Fall geht es um außerplanmäßige Zahlungen, für die nicht bereits Sorge getragen wurde. Im zweiten Fall geht es um einen Verstoß gegen Zahlungs- oder Handlungspflichten und im dritten Fall um einen Verlust des erstrebten Steuervorteils.

Die U.S. steuerliche Anerkennung setzt voraus, daß die Verträge ernsthaft gewollt sind und so wie vereinbart auch tatsächlich durchgeführt werden. Soweit die Investorenseite ihre Rechte nicht zeitnah durchsetzt oder auf Ansprüche großzügig verzichtet, begründet sie die Gefahr, daß dies steuerlich als Indiz für das Vorliegen eines reines Steuersparmodells oder eines Scheinvertrags gewertet werden kann. Die Übernahme dieses Risikos durch die Leasingnehmerseite - etwa im Rahmen eines Verzichts auf die Geltendmachung von Investorenrechten ("Waiver") - begründet eine schwere Last.

Pflicht zur Erbringung zusätzlicher Zahlungen während der Vertragslaufzeit

Es handelt sich beim Cross-Border-Leasing Geschäft um ein sogenanntes Nettonettonettoleasing. Die Kosten für Versicherung, Steuern und Instandhaltung verbleiben beim Eigentümer und Betreiber. Im Rahmen der Vertragsdokumente verpflichtet sich der Leasingnehmer zusätzlich dazu, bestimmte Kosten während der Vertragslaufzeit zu erstatten.

Die Transaktionsstruktur ist regelmäßig darauf gerichtet, die regulären Zahlungen im Rahmen von Zahlungsübernahmevereinbarungen wirtschaftlich voraus zu leisten. Bei ordnungsgemäßem Ablauf der Transaktion und wenn die Beendigungsoption später positiv ausgeübt wird, müssen somit keine neuen Mittel ("fresh money") aufgewendet werden.

Nachzahlungen sind somit (nur) zu leisten, wenn

* die Vorauszahlungen nicht in dem Umfang erfolgt sind, daß sie für die späteren Zahlungen tatsächlich ausreichen,
* die eingeschalteten Finanzinstitute ihren Zahlungspflichten (z.B. wegen Insolvenz) nicht nachkommen oder
* nachträgliche Kosten aufgrund eines Mehraufwands, einer Kostensteigerung oder einer Entschädigungsverpflichtung entstehen. Dies umfaßt auch eine unvorhergesehene steuerliche Belastung.

Das Verlustrisiko aus den Zahlungsübernahmevereinbarungen beträgt je nach der konkreten Funktion des ausgefallenen Bankinstituts typischerweise nominal maximal 8% oder 77% oder 200 bis 300% des Transaktionsvolumens. Das Risiko wird zusätzlich z.B. akut im Falle einer nachteiligen Rechts- oder Steuerrechtsänderung. Hierunter fallen aber auch Gestaltungen, bei denen bei Vertragsabschluß irrtümlicherweise bestehende oder absehbare Belastungen nicht berücksichtigt wurden.

Vertragsbruchrisiken

Im Fall eines Vertragsbruchs kann die U.S. Seite die Verträge kündigen und als pauschalierten Schadensersatz einen vorab festgelegten Beendigungswert ("Termination Value") verlangen, üblicherweise in der Spitze beim Zehnfachen des Nettobarwertvorteils.

Vertragsbruchfälle umfassen insbesondere

* Verstöße gegen bestimmte Zusicherungen ("Representations")
* Verstöße gegen bestimmte Verhaltenspflichten ("Covenants") und
* Verstöße gegen bestimmte Zahlungspflichten ("Payment Default").

Falls der Beendigungswert tatsächlich gezahlt wird, erhält der Investor unmittelbar von seinem Vertragspartner auch den Vorteil, den er ansonsten aufgrund der U.S. Steuereffekte mittelbar von der U.S. Finanzverwaltung erhalten hätte. Der Zahlungsanspruch ist nicht davon abhängig, daß der Investor nachweisen kann, daß er bei einem Fortbestand der Verträge überhaupt Steuervorteile erzielt hätte. Die Höhe des pauschalierten Schadensersatzes ("Termination Value") ist von der zukünftigen Zinsentwicklung abhängig. Detaillierte Angaben zur Betragshöhe finden sich üblicherweise in den Aufsichtsrats- und Stadtratsvorlagen, die Gegenstand der Beschlußfassung der kommunalen Seite sind, so daß es sich hierbei nicht um überraschende Neuigkeiten handelt.

Die vorzeitige Beendigung des Leasingvertrages aufgrund eines Vertragsbruchs setzt voraus, daß ein Vertragsbruch vorliegt ("Default") und die U.S. Seite dies ausdrücklich erklärt ("Event of Default"). Ob der Investor einen Verstoß gegen vertragliche Pflichten tatsächlich ausnutzen wird, um einen Schadensersatzanspruch tatsächlich geltend zu machen und anschließend durchzusetzen, wurde in der Vergangenheit unterschiedlich beurteilt. Aus heutiger Sicht, vor dem Hintergrund notleidender Leasingstrukturen, wird sich der ordnungsgemäß handelnde Kaufmann darauf einzustellen haben, daß es sich die U.S. Seite keinesfalls leisten kann, auf die Geltendmachung bestehender Ansprüche in achtstelliger Höhe zu verzichten (Just-in-case-Szenario).

Verteilung des U.S. Steueranerkennungsrisikos

Der U.S. steuerliche Vorteil des U.S. Investors setzt insbesondere voraus, daß Leasinggegenstände, die untrennbar mit der kommunalen Infrastruktur in Deutschland verbunden sind, von der U.S. Seite wie eigenes Vermögen U.S. steuerlich abgeschrieben werden können. "Grundsätzlich" trägt der Investor das Risiko, ob diese mutige Konzeption zu den erwarteten Steuereffekten führt. Dies gilt auch dann, wenn sich die negativen Auswirkungen erst aufgrund einer späteren Rechtsänderung ergeben.

Sämtliche abgeschlossenen Verträge enthalten jedoch umfangreiche Regelungen, in welchen Fällen der Leasingnehmer direkt oder indirekt für tatsächliche oder fiktive U.S. Steuervorteile des Investors einzustehen hat. Die Ersatzpflicht der deutschen Seite besteht nicht nur für rechtliche oder tatsächliche Zusicherungen, die sich als unzutreffend heraus stellen, sondern auch für sämtliche nach deutschem Recht während der Vertragslaufzeit erforderlichen oder freiwilligen Handlungen und Erklärungen, soweit diese in den damaligen Vertragsdokumenten nicht ausdrücklich als erlaubt aufgelistet wurden. Auch das Risiko, daß Austausch- und Ersetzungsvorgänge auf deutscher Seite aufgrund einer zwischenzeitlichen U.S. Steuerrechtsänderung zu einem U.S. Steuernachteil führen, trägt die deutsche kommunale Seite.

Eine derartige Regelung wird insbesondere dann praktisch relevant, wenn dem Investor im Rahmen seiner steuerlichen Betriebsprüfung die Anerkennung des Konstrukts ganz oder teilweise versagt wird. Typische Ansatzpunkte hierfür ist das durchaus verständliche Vorbringen der Finanzverwaltung, daß

* die Investorenseite durch die Regelungen des Hauptmietvertrages einschließlich der hierfür bestellten Sicherheiten bei einer steuerlichen Gesamtwürdigung kein echtes bilanzielles Eigentum erlangt hat,
* die wirtschaftliche Vorauszahlung durch den Leasingnehmer auch aus U.S. Sicht zur Umqualifizierung des Geschäfts in eine reine Finanzierung (Karussellgeschäft) führt,
* die Optionsausübung aufgrund der zwingenden öffentlich-rechtlichen Regelungen in Deutschland und den wirtschaftlichen Verhältnissen auch bei Vertragsschluß nicht wirklich offen war, oder
* der Leasingnehmer mit den Leasinggegenständen nicht wie ein Mieter, sondern wie ein U.S. steuerlicher Eigentümer umgeht.

In derartigen Fällen besteht für die Investorenseite der unmittelbare wirtschaftliche Anreiz, die Schuld für das steuerliche Verunglücken der Gestaltung auf den Vertragspartner zu schieben, um sich von ihm den Profit zu holen, den er aus U.S. Steuervorteilen nicht erzielen kann. Die Leasingverträge sehen für eine derartige Ersatzpflicht keine Obergrenze vor.

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