Mittwoch, Juni 22, 2005

Schweizer Gerichtsentscheidung zur Behandlung des Barwertvorteils

2P.292/2004 /grl

Urteil vom 22. Juni 2005
II. Öffentlichrechtliche Abteilung

Bundesrichter Merkli, Präsident,
Bundesrichter Wurzburger, Bundesrichter Müller,
Bundesrichterin Yersin, Ersatzrichter Locher,
Gerichtsschreiber Fux.

Stadt Zürich, Elektrizitätswerk (EWZ),
Beschwerdeführerin, vertreten durch Ernst & Young AG, Steuerberatung,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Graubünden, Steinbruchstrasse 18/20, 7001 Chur,
Kantonales Steueramt Zürich, Dienstabteilung Recht, Sumatrastrasse 10, 8090
Zürich,
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden,
3. Kammer, Obere Plessurstrasse 1, 7001 Chur.

Art. 127 Abs. 3 BV (Doppelbesteuerung betreffend Kantonssteuern),

Staatsrechtliche Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden vom

3. September 2004.

Sachverhalt:

A.
Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) ist eine Dienstabteilung der
Industriellen Betriebe der Stadt Zürich und besitzt Anlagen in den Kantonen
Aargau, Bern, Glarus, Graubünden, Luzern, Obwalden, Schwyz, St. Gallen,
Tessin und Wallis. Im Kanton Graubünden verfügt es über
Wasserkraftkonzessionen, aufgrund derer es verschiedene ihm gehörende
Kraftwerkanlagen betreibt. Gestützt darauf ist das EWZ im Kanton Graubünden
beschränkt steuerpflichtig (§ 75 des Steuergesetzes vom 8. Juni 1986 für den
Kanton Graubünden), wogegen es im Sitzkanton Zürich gemäss § 61 lit. c des
Zürcher Steuergesetzes vom 8. Juni 1997 subjektiv steuerfrei ist (wie auch im
Betriebsstättenkanton St. Gallen).

Das EWZ hat im April 1998 mit einer amerikanischen Bank als Investorin und
einem US-Trust als Leasinggeber ein sog. "Lease-and-lease-back"-Geschäft über
die sich in Graubünden befindenden Kraftwerkanlagen Mittelbünden 1,
Mittelbünden 2 sowie Bergell abgeschlossen. Mit dieser Vereinbarung wird der
Nutzungswert der erwähnten Kraftwerkanlagen während 48 Jahren gegen eine
Einmalzahlung an den US-Trust verleast (Hauptleasingvertrag) und gleichzeitig
von diesem für eine kürzere Zeitdauer zurückgeleast (Unterleasingvertrag).
Mit Ablauf der sog. Basislaufzeit des Unterleasingvertrags hat das EWZ das
Recht, alle vertraglichen Ansprüche zu einem fest vereinbarten Preis
zurückzuerwerben (Kaufoption). Die Differenz zwischen der gemäss
Hauptleasingvertrag an das EWZ geleisteten Einmalzahlung einerseits und den
gemäss Unterleasingvertrag vom EWZ (den erfüllungsübernehmenden Banken)
geschuldeten Leasingraten sowie dem Kaufoptionspreis anderseits bildet den
finanziellen Vorteil für das EWZ. Dieser sog. Barwertvorteil wurde dem EWZ
beim Abschluss des Geschäfts überwiesen; er macht umgerechnet Fr.
127'256'265.-- aus und setzt sich wie folgt zusammen:

Zahlungen
Mittelbünden 1
Mittelbünden 2
Bergell
Total
1. Leasingrate Hauptleasing (abdiskontiert)
USD 112'738'734
USD 412'913'556
USD 387'122'415

2. Leasingrate Unterleasing + Optionspreis abdiskontiert
USD 77'065'327
USD 294'560'486
USD 274'863'904

3. Kaufpreis WP (Abdeckung Unterleasing + Option abdisk.)
USD 27'697'668
USD 72'640'166
USD 75'748'251

4. Barwertvorteil (nach Abzug Zinsen) grosso modo 1 - (2+3)
USD 7'514'561
USD 42'950'317
USD 34'372'937

5. Barwertvorteil in CHF
CHF 11'271'382
CHF 64'425'477
CHF 51'559'406
CHF 127'256'265
Den ab 29. April 1998 gültigen Verträgen liegen folgende Laufzeiten zugrunde:
Vertragslaufzeiten
Mittelbünden 1
Mittelbünden 2
Bergell
Maximum Hauptleasing
48 Jahre
Maximum Unterleasing
31,4 Jahre
40,8 Jahre
35,4 Jahre
Basis Unterleasing
11,7 Jahre
18,7 Jahre
15,7 Jahre
Kaufoption per
2.1.2010
2.1.2017
2.1.2014

B.
Das EWZ deklarierte in der Steuererklärung 1998 für den Kanton Graubünden
einen steuerbaren Gewinn von Fr. 5'476'300.-- (Quote GR: 13,214% von Fr.
41'442'800.--) und ein steuerbares Kapital von Fr. 517'595'800.--. Der Ertrag
aus dem zugeflossenen Barwertvorteil wurde durch Bildung einer Rückstellung
in gleicher Höhe neutralisiert.

Mit Verfügung vom 7. März 2001 veranlagte die Steuerverwaltung des Kantons
Graubünden das EWZ für das Steuerjahr 1998 auf einen steuerbaren Gewinn von
Fr. 101'536'900.-- sowie ein steuerbares Kapital entsprechend der
Selbstschatzung. Bei der Gewinnermittlung wurde die Rückstellung zur
Neutralisierung des Barwertvorteils als geschäftsmässig nicht begründet
angesehen und zum steuerbaren Gewinn hinzugerechnet, unter gleichzeitiger
Berücksichtigung der auf der Aufrechnung anfallenden Gewinnsteuern. In der
interkantonalen Steuerausscheidung wurde der Barwertvorteil aus der
Leasingtransaktion als Ertrag aus unbeweglichem Vermögen qualifiziert und dem
Kanton Graubünden zur ausschliesslichen Besteuerung zugewiesen.

In seiner Einsprache vom 5. April 2001 beantragte das EWZ, der Barwertvorteil
aus der Leasingtransaktion sei nicht objektmässig, sondern nach denselben
Quoten auszuscheiden, wie sie für die Ausscheidung des übrigen
Betriebsgewinns angewandt werden. Die Aufrechnung der Rückstellung wurde erst
in einem Schreiben gerügt, das nach Ablauf der Einsprachefrist eingereicht
wurde. Mit Entscheid vom 24. Oktober 2003 wies die Steuerverwaltung des
Kantons Graubünden die Einsprache ab, wobei sie auf die Frage, ob die
Rückstellung zu Recht aufgerechnet wurde, nicht eintrat.

Ein Rekurs gegen die Einspracheverfügung wurde vom Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden mit Urteil vom 3. September 2004 abgewiesen.

C.

Die Stadt Zürich, Elektrizitätswerk der Stadt Zürich, hat gegen das Urteil
des Verwaltungsgerichts am 17. November 2004 staatsrechtliche Beschwerde
wegen Verletzung des Verbots der interkantonalen Doppelbesteuerung erhoben
(Art. 127 Abs. 3 BV). Die Beschwerdeführerin beantragt, das angefochtene
Urteil sei betreffend die Kantonssteuern aufzuheben und es sei festzustellen,
dass für die Zwecke der Gewinnsteuer die interkantonale Ausscheidung des
steuerbaren Gewinns bundesrechtskonform vorzunehmen sei, insbesondere sei der
Barwertvorteil aus dem "Lease-and-lease-back"-Geschäft nach jenen Quoten
auszuscheiden, wie sie auch für die Ausscheidung des übrigen Betriebsgewinns
angewendet werden.

D.

Das Kantonale Steueramt Zürich beantragt, die Beschwerde gutzuheissen,
wogegen die Steuerverwaltung des Kantons Graubünden sowie das
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden auf Abweisung schliessen. Die
ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladenen Kantone Luzern, Obwalden, Schwyz,
St. Gallen und Wallis verzichten ausdrücklich auf eine Stellungnahme, während
sich die Steuerverwaltungen der Kantone Bern, Aargau, Glarus und Tessin nicht
haben vernehmen lassen.

Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

1.

1.1 Zur Anfechtung von kantonalen Hoheitsakten wegen Doppelbesteuerung steht
die staatsrechtliche Beschwerde zur Verfügung (Art. 86 Abs. 2 OG). Die
fristgerechte Doppelbesteuerungsbeschwerde gegen den Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 3. September 2004 ist daher
zulässig. Mit ihr können gleichzeitig auch bereits rechtskräftige Verfügungen
anderer Kantone angefochten werden (Art. 89 Abs. 3 OG; statt vieler: Urteil
2P.323/2004 vom 2. März 2005, E. 1.2).

1.2 Die staatsrechtliche Beschwerde ist grundsätzlich rein kassatorischer
Natur, das heisst, es kann mit ihr in der Regel nur die Aufhebung des
angefochtenen Entscheids verlangt werden (BGE 124 I 327 E. 4 S. 332 ff.).
Eine Ausnahme gilt für Beschwerden wegen Verletzung des
Doppelbesteuerungsverbots (Art. 127 Abs. 3 BV): Hier kann das Bundesgericht
zusammen mit der Aufhebung des kantonalen Hoheitsaktes auch Feststellungen
treffen, den beteiligten Kantonen verbindliche Anweisungen für die
verfassungskonforme Steuerausscheidung erteilen oder die Rückerstattung
ungerechtfertigt erhobener Steuern anordnen (ASA 73 S. 247 E. 1.2 S. 249, mit
Hinweisen). Die Rechtsbegehren der gemäss Art. 88 OG legitimierten
Beschwerdeführerin sind daher zulässig.

1.3 Bei staatsrechtlichen Beschwerden wegen Verletzung des
Doppelbesteuerungsverbots prüft das Bundesgericht Rechts- und Tatfragen frei,
und es können auch neue Tatsachen und Beweismittel vorgebracht werden (ASA 73
S. 247 E. 1.3 S. 249, mit Hinweisen).

2.

2.1Nach konstanter Rechtsprechung liegt eine gegen Art. 127 Abs. 3 BV
verstossende Doppelbesteuerung vor, wenn eine steuerpflichtige Person von
zwei oder mehreren Kantonen für das gleiche Steuerobjekt und für die gleiche
Zeit zu Steuern herangezogen wird (aktuelle Doppelbesteuerung) oder wenn ein
Kanton in Verletzung der geltenden Kollisionsnormen seine Steuerhoheit
überschreitet und eine Steuer erhebt, die einem anderen Kanton zusteht
(virtuelle Doppelbesteuerung). Ausserdem darf ein Kanton eine
steuerpflichtige Person grundsätzlich nicht deshalb stärker belasten, weil
sie nicht in vollem Umfang seiner Steuerhoheit untersteht, sondern zufolge
ihrer territorialen Beziehungen auch noch in einem anderen Kanton
steuerpflichtig ist (Schlechterstellungsverbot; statt vieler: BGE 130 I 205
E. 4.1 S. 210, mit Hinweisen).

2.2 Die Beschwerdeführerin rügt gegenüber den Kantonen Aargau, Bern, Glarus,
Luzern Obwalden, Schwyz, Wallis und Tessin eine aktuelle (effektive)
Doppelbesteuerung, während sie gegenüber den Kantonen St. Gallen und Zürich
(wo sie Steuerfreiheit geniesst) bloss eine virtuelle Doppelbesteuerung
annimmt. Da der Barwertvorteil in der Buchhaltung der Beschwerdeführerin
durch Bildung einer Rückstellung neutralisiert und damit von den übrigen
Betriebsstättenkantonen offenbar gar nicht besteuert wurde, liegt noch keine
aktuelle Doppelbesteuerung vor. In Frage steht aber eine virtuelle
Doppelbesteuerung, falls sich die vom Kanton Graubünden vertretene
objektmässige Ausscheidung des Barwertvorteils als nicht bundesrechtskonform
erweist.

3.

Umstritten ist einzig die Behandlung des Barwertvorteils bei der
Gewinnsteuerausscheidung der Beschwerdeführerin. Die Frage der
Gewinnermittlung als solcher (einschliesslich der Rückstellungsproblematik)
ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Das Verwaltungsgericht
qualifiziert den Barwertvorteil im angefochtenen Entscheid als
Immobilienertrag (auf einer Kapitalanlageliegenschaft). Es befürwortet damit
eine objektmässige Ausscheidung zugunsten des Belegenheitsortes, d.h. die
ausschliessliche Besteuerung durch den Kanton Graubünden. Demgegenüber
vertreten die Beschwerdeführerin und der Kanton Zürich die Auffassung, die
Ausscheidung sei nach denselben Quoten vorzunehmen, wie sie für die
Repartition des übrigen Betriebsgewinns gelten; sie verneinen wegen des
fehlenden engen Zusammenhangs mit dem Grundeigentum das Vorliegen von
Immobilienertrag und bestreiten auch, dass es sich bei den fraglichen
Kraftwerksbetrieben im Kanton Graubünden um Kapitalanlageliegenschaften
handle. Wie es sich damit verhält, ist im Folgenden zu untersuchen.

4.

Die Beschwerdeführerin hat am 29. April 1998 mit diversen ausländischen
Partnern ein sog. "Lease-and-lease-back"-Geschäft abgeschlossen.

4.1 Ein "Lease-and-lease-back"-Geschäft (auch als
"Lease-in/Lease-out"-Geschäft oder "US-Cross Border Lease-Transaktion"
bezeichnet) ist eine internationale Finanzierungstransaktion, die in
zunehmendem Mass von Erbringern von öffentlichen Dienstleistungen angewendet
wird, um ihre Anlagen zu finanzieren (vgl. dazu: Joachim Frick,
Finanzleasinggeschäfte am Beispiel von Aircraft Finance-Transaktionen -
Strukturen, Vorteile und Risiken, in: Schweizerische Zeitschrift für
Wirtschaftsrecht [SZW] 72/2000, S. 242 ff.; Michael Pfeiffer, Lohnende
Leasinggeschäfte - keine Zechprellerei «ohne Gegenleistung», sondern
ernsthaftes Finanzierungsgeschäft, in: Solothurner Festgabe zum
Schweizerischen Juristentag 1998, Solothurn 1998, S. 413 ff.; vgl. auch
Thomas Günther/Mirko Niepel, Aufbau und Risiken des kommunalen
US-Lease-in/Lease-out in Deutschland, in: Deutsches Steuerrecht [DStR]
14/2002, S. 601 ff.); Patrick Biagosch/ Klaus Weinand-Härer, US-Cross Border
Lease-Transaktionen, in: Michael Kroll [Hrsg.], Leasing-Handbuch für die
öffentliche Hand, 9. Aufl., Lichtenfels 2003, S. 104 ff.; Peter Sester,
US-Cross-Border-Leasing: Eine Risikoanalyse - unter besonderer
Berücksichtigung der Risiken aus einer Insolvenz des US-Trusts und aus
deliktischen Klagen in den USA, in: Zeitschrift für Wirtschafts- und
Bankrecht 57/2003, Wertpapiermitteilungen [WM] 38/2003, S. 1833 ff.;
derselbe, Tatbestand und rechtliche Struktur des Cross-Border-Leasing, in:
Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft [ZBB] 15/2003, S. 94 ff.).

4.2 Wie im Sachverhalt dargestellt (oben lit. A), liegt einer derartigen
Finanztransaktion ein komplexes Vertragswerk zugrunde, das in seinen
wesentlichen Elementen wie folgt skizziert werden kann: Durch einen
Hauptmietvertrag ("Head lease") wird das betreffende Wirtschaftsgut vom
Eigentümer an einen US-Trust vermietet (Laufzeit in der Regel 45 bis 99
Jahre). Die Mietrate wird in der Regel zu Beginn der Transaktion fällig und
an den Eigentümer bezahlt. Der US-Trust wiederum vermietet das Wirtschaftsgut
aufgrund eines Untermietvertrags ("Sub lease") zurück an den Eigentümer
(Mietdauer in der Regel 20 bis 29 Jahre); dieser erhält zudem eine
Kaufoption, um die beim US-Trust am Ende der Mietzeit noch bestehenden
Nutzungsrechte unter dem Hauptmietvertrag zu einem festen Preis zu erwerben.
Der Untermietvertrag sieht in der Regel eine halbjährliche oder jährlich
wiederkehrende Zahlung der Mietraten vor. Der Eigentümer kommt seinen
Zahlungsverpflichtungen (Mietraten, Optionspreis) häufig dadurch nach, dass
er mit zwei oder mehreren Banken entsprechende Erfüllungsübernahmeverträge
abschliesst (sog. "Payment Undertaking Agreements"). Die einzelnen
bilateralen Verträge sind durch einen Rahmenvertrag ("Participation
Agreement") miteinander verknüpft.

Für den Eigenkapitalinvestor des US-Trusts liegt der wirtschaftliche Vorteil
einer solchen "US-Cross Border Lease-Transaktion" in den steuerlichen
Abschreibungsmöglichkeiten, nach US-Steuerrecht (Joachim M. Fritz, Die
Bedeutung des wirtschaftlichen Beraters ["Arrangeurs"] bei US-Cross Border
Lease-Transaktionen, in: Kroll, Leasing-Handbuch, a.a.O., S. 124 ff.,
insbesondere S. 128 f.; vgl. auch Sester, a.a.O. [WM], S. 1833). Für den
Eigentümer des Wirtschaftsgutes liegt der wirtschaftliche Vorteil (sog.
Barwertvorteil) wie bereits erwähnt in der Differenz zwischen der unter dem
Hauptmietvertrag an den Eigentümer bezahlten Mietrate und den unter dem
Untermietvertrag geschuldeten Mietraten zuzüglich des Kaufoptionspreises. Die
Höhe des Barwertvorteils hängt von der Art und dem Alter des Wirtschaftsguts,
vom Wert der vermieteten Wirtschaftsgüter, von den langfristigen
US-Zinssätzen, dem US-Dollar-Kurs und den Anforderungen (hinsichtlich Rendite
und Sicherheit der Anlagen etc.) des US-Eigenkapitalinvestors ab (vgl.
Biagosch/Weinand-Härer, a.a.O., S. 107; Günther/Niepel, a.a.O., S. 604);
jedenfalls teilweise ist der Barwertvorteil auch auf die von den Beteiligten
vorgenommene "Aufteilung" der Zinsvorteile zurückzuführen.

4.3 Was die rechtliche Einordnung dieser "Lease-and-lease-back"-Geschäfte
(bzw. "US-Cross Border Lease-Transaktion") betrifft, handelt es sich nach der
spärlichen schweizerischen Literatur um ein einheitliches Geschäft, das nicht
als separate Vermietung mit nachfolgendem Rückerwerb der Nutzung betrachtet
werden könne (Frick, a.a.O., S. 246). Die Gesamttransaktion darf demnach
entgegen der in der Vernehmlassung vom 17. Januar 2005 der Steuerverwaltung
des Kantons Graubünden geäusserten Auffassung nicht in ihre einzelnen
Elemente zerlegt werden - unter Ausblendung wichtiger Teilaspekte (etwa
desjenigen der Refinanzierung). Alles hängt eng zusammen und reduziert sich
auf die Vereinnahmung eines Barwertvorteils, etwa in der Form eines
Kommissionsgeschäfts. Aus Schweizer Sicht kann die vertragliche Konstruktion
als "Finanzierungsgeschäft eigener Art" qualifiziert werden" (Pfeiffer,
a.a.O., S. 424; vgl. auch Sester, a.a.O. [ZBB], S. 94).

5.

5.1 Unter Ertrag i.w.S. aus einer Liegenschaft ist
doppelbesteuerungsrechtlich jegliches Einkommen zu verstehen, das eine Person
aus einem Grundstück erzielt, über das sie aufgrund ihres Eigentums oder
eines andern Rechts verfügen kann (Urteil 2P.185/1994 vom 2. Dezember 1996,
in: StE 1997 A 24.34 Nr. 1). Es ist unbestritten, dass vorliegend - wenn
überhaupt - nicht ein Vermögensgewinn (Wertzuwachsgewinn), sondern ein
Vermögensertrag in Frage steht. In den Fällen, in denen eine Liegenschaft
erst dank dem Arbeitsaufwand des Eigentümers einen Ertrag abwirft, lässt sich
das Ertragseinkommen nur dadurch von andern Einkünften abgrenzen, dass
untersucht wird, in welchem Mass das erzielte Einkommen auf die persönlichen
Bemühungen des Eigentümers zurückgeht und in welchem Mass es seine Ursache im
Grundstück selber (bzw. in der durch das Eigentum ermöglichten Nutzung) hat
(ASA 29 S. 198 E. 4b S. 203). Im vorliegenden Fall ist offensichtlich, dass
der fragliche Barwertvorteil nur dank dem arbeits- und kostenintensiven
Engagement des Eigentümers der Kraftwerkanlagen realisiert werden kann, nicht
aufgrund des Wirkens der lokalen Kraftwerkbetreiber in Mittelbünden bzw. im
Bergell. Dass diese Kraftwerkanlagen das "Vehikel" bilden, um dem US-Investor
Abschreibungspotential und damit Steuerstundungssubstrat zu verschaffen, ist
nicht entscheidend; ohne eine professionelle Beratung sind solche
"Lease-and-lease-back"-Geschäfte nicht denkbar, zumal sie nicht auf der Basis
von Standardverträgen abgeschlossen, sondern individuell (wenn auch nach
einheitlichem Muster) ausgehandelt werden (Fritz, a.a.O., S. 124 ff.;
Pfeiffer, a.a.O., S. 417 f.; vgl. auch den Untertitel bei Günther/Niepel,
a.a.O.: "Beratungsbedarf durch rechts- und steuerberatende Berufe"; Frick,
a.a.O., S. 242, S. 250). Schon aus diesem Grund erweist sich die Annahme von
Liegenschaftsertrag als nicht sachgerecht.

5.2 Wie dargelegt, hat der Barwertvorteil verschiedene Ursachen (oben E. 4.2
a.E.). Mit Rücksicht auf einige Kriterien (z.B. Art, Alter und Wert der
vermieteten Anlagen) könnte eine gewisse Komponente "Nutzungsentgelt"
(aufgrund des gegenüber dem Unterleasingvertrag bedeutend länger dauernden
Hauptleasingvertrags) bei formaler Betrachtungsweise allenfalls noch
angenommen werden. Daneben haben aber entscheidende andere Komponenten (z.B.
"Aufteilung" des Zinsvorteils, langfristige US-Zinssätze, US-Dollar-Kurs
etc.) mit den Immobilien im Kanton Graubünden nichts zu tun. Wenn überhaupt,
müsste der "Immobilienertrag" vom übrigen Finanzertrag ausgesondert werden.
Dabei bliebe völlig ungewiss, nach welchen Kriterien diese Aussonderung
vorzunehmen wäre. Eine solche Lösung würde zudem mit dem vom Bundesgericht
stets beachteten Prinzip kollidieren, wonach im Interesse der
Rechtssicherheit Regeln entwickelt werden sollen, die leicht und einfach zu
handhaben sind und keine Zersplitterung der Steuerhoheiten bewirken (BGE 125
I 458 E. 2d S. 467 f., mit Hinweisen). Doch selbst wenn eine Aussonderung
möglich wäre, könnte diese nicht darüber hinwegtäuschen, dass der
Barwertvorteil im Grunde nur die Gegenleistung des amerikanischen
Vertragspartners dafür ist, dass ihm eine bestimmte steuerliche Gestaltung
ermöglicht wurde (vgl. oben E. 4.2). So besehen besteht überhaupt kein Konnex
mit den Immobilien mehr. Im Übrigen sind viele der für
"Lease-and-lease-back"-Geschäfte (bzw. "US-Cross Border Lease-Transaktionen")
in Frage kommenden langlebigen Investitionsgüter wie Flugzeuge, Schiffe,
Eisenbahnrollmaterial oder Computergrossanlagen ohnehin bewegliches Vermögen,
wo eine Zuteilung an den Belegenheitsort nicht mehr in Frage käme. Einzig
dort den Ort der gelegenen Sache (allenfalls auch nur partiell) zum Zuge
kommen zu lassen, wo zufälligerweise Grundeigentum als Basiswert herangezogen
wird, erwiese sich als nicht sachgerecht. Auch diese Gründe sprechen somit
dagegen, den umstrittenen Barwertvorteil als Liegenschaftsertrag zu
qualifizieren.

5.3 Die Vorinstanz begründet ihre gegenteilige Auffassung damit, dass die
fraglichen Kraftwerkanlagen hinsichtlich der Stromerzeugung zwar
Betriebsanlageliegenschaften, hinsichtlich des Barwertvorteils aber
Kapitalanlageliegenschaften seien. Das vermag nicht zu überzeugen: Zum einen
hat das Bundesgericht eine solche "Doppelfunktion" von Liegenschaften bislang
nie angenommen. Zum andern ist zweifelhaft, ob die Gegenstand der "US-Cross
Border Lease-Transaktion" bildenden Kraftwerksliegenschaften wirklich eine
Kapitalanlagefunktion übernehmen. Kapitalanlageliegenschaften sind
Immobilien, die nur mittelbar durch ihren Ertrag als Kapitalanlage einem
Unternehmen dienen (Ernst Höhn/Peter Mäusli, Interkantonales Steuerrecht, 4.
Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2000, S. 495; Bernhard F. Schärer,
Verlustverrechnung von Kapitalgesellschaften im interkantonalen
Doppelbesteuerungsrecht, Diss. ZH 1997, S. 175). Vorliegend wird indessen
durch den Einsatz der fraglichen Kraftwerkanlagen für die
Leasing-Transaktion, wie aufgezeigt, viel mehr Substrat generiert als nur
"Immobilienertrag". Es erscheint daher naheliegend, von einer weiteren
Funktion als "Betriebsliegenschaft" zu sprechen; dies erst recht, wenn der
Barwertvorteil als Gegenleistung des amerikanischen Vertragspartners für die
ihm ermöglichte steuerliche Gestaltung aufgefasst wird. Im Rahmen von
Betriebsstättenliegenschaften angefallene Erträge werden aber in die
quotenmässige Ausscheidung einbezogen (Kurt Locher/Peter Locher, Die Praxis
der Bundessteuern, III. Teil, Das interkantonale Doppelbesteuerungsrecht, §
7, IB, Nr. 4, 14, 25, 32 [E. 4c]) und 45 [E. 3b]). Auch aus dieser Optik
erweist sich nur eine quotenmässige Gewinnausscheidung als sachgerecht.

6.

Nach dem Gesagten ist die Beschwerde gegenüber dem Kanton Graubünden
gutzuheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 3. September 2004 ist aufzuheben. Der Barwertvorteil aus dem
"Lease-and-lease-back"-Geschäft ist nach denselben Quoten auszuscheiden, wie
sie auch für die Ausscheidung des übrigen Betriebsgewinns angewendet werden.
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Kanton Graubünden kostenpflichtig (Art.
156 Abs. 1 OG in Verbindung mit Art. 153 und 153a OG). Der mit
öffentlichrechtlichen Aufgaben betrauten Beschwerdeführerin ist nach
bundesgerichtlicher Praxis keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 159
Abs. 2 zweiter Teilsatz OG analog).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.

Die staatsrechtliche Beschwerde gegen den Kanton Graubünden wird
gutgeheissen, und das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden
vom 3. September 2004 wird aufgehoben; der Barwertvorteil aus dem
"Lease-and-lease-back"-Geschäft ist nach denselben Quoten auszuscheiden, wie
sie auch für die Ausscheidung des übrigen Betriebsgewinnes angewendet werden.

2.

Die Gerichtsgebühr von Fr. 20'000.-- wird dem Kanton Graubünden auferlegt.

3.

Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Steuerverwaltung des Kantons
Graubünden, dem Kantonalen Steueramt Zürich, dem Verwaltungsgericht des
Kantons Graubünden sowie den Kantonalen Steuerämtern der Kantone Aargau,
Bern, Glarus, Luzern, Obwalden, Schwyz, St. Gallen, Tessin und Wallis
schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 22. Juni 2005

Im Namen der II. öffentlichrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

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