Donnerstag, Juli 07, 2005

Aktuelle Entwicklungen

Stellungnahme des amerikanischen Internal Revenue Service (IRS) zur
U.S. steuerlichen Behandlung von Cross-Border-Leasing Transaktionen

Der Internal Revenue Service hat mit Datum vom 29. Juni 2005 ein neues umfangreiches Papier zum Thema U.S. Cross-Border-Leasing (Aktenzeichen UIL 9300.38-00) veröffentlicht. Das Dokument kann unter www.irs.gov im Internet eingesehen werden. Es beschäftigt sich unter der Überschrift "Coordinated Issue - Losses Claimed and Income to be Reported from Sale In/Lease Out (SILO)" mit der zwischen Mai 1999 und Anfang 2004 auch von deutscher kommunaler Seite verwendeten Cross-Border-Leasing Struktur.

I.

Als Zusammenfassung (Conclusions) enthält das Papier die folgenden - von uns nachfolgend übersetzten - Aussagen:

Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht zu laufenden Abschreibungen gemäß § 168 (des U.S. Einkommensteuergesetzes) berechtigt und grundsätzlich nicht berechtigt, seine Transaktionskosten aus der Beteiligung an der Transaktion gemäß § 162 zu amortisieren, da dieser Steuerpflichtige für U.S. Einkommensteuerzwecke nicht die wichtigen und wesentlichen Merkmale ("significant and genuine attributes") eines üblichen Eigentümers, einschließlich der Vorteile und Lasten des Eigentums an den Gegenständen, erworben und erhalten hat.

Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht zur Abschreibung seines gesamten oder teilweisen Eigenkapitalinvestments berechtigt, da die SILO-Transaktion eine Finanzierungstransaktion statt eines echten Sale-and-lease-back Geschäfts darstellt.

Ein Steuerpflichtiger, der eine SILO-Transaktion abgeschlossen hat, ist nicht zum Abzug von Zinsaufwand aus der Beteiligung an der Transaktion gemäß § 163 berechtigt, da kein Betrag für die Verwendung oder Stundung von Geld gezahlt wurde.
[Der vierte und letzte Punkt betrifft Strafzahlungen wegen unterlassener Mitteilungen an die Finanzbehörden; von der Übersetzung wurde abgesehen.]

II.

Unter der Überschrtift "Facts" enthält das Schreiben eine ausführliche Darstellung der bekannten U.S. Leasingstrukturen. Wesentliche Abweichungen zu den Strukturen, die die deutsche kommunale Seite zwischen 1999 und 2004 abgeschlossen hat, sind nicht ersichtlich.

In dem anschließenden Abschnitt "Analysis" erfolgt eine ausführliche rechtliche Stellungnahme zur steuerlichen Einordnung der Transaktion. Dies beinhaltet eine detaillierte Darstellung der U.S. Rechtsprechung, die von uns als deutsche Steuerberater nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden kann. Insoweit können wir lediglich die Ergebnisse und Schlußfolgerungen der U.S. Finanzverwaltung referieren.
An den Beginn der Analyse wird der auch in Deutschland geltende Grundsatz gestellt, daß die Substanz einer Transaktion und nicht ihre Form für die steuerliche Behandlung maßgeblich ist. SILO-Transaktionen seien fundamental unterschiedlich zu Sale-and-Lease-back Transaktionen, da der "Eigentümer/Leasinggeber" nicht die für die steuerliche Anerkennung erforderlichen Elemente des Eigentums erwerbe. Dies wird damit begründet, daß

der Leasingnehmer im Ergebnis lediglich den Barwertvorteil als Gegenleistung für die Beteiligung erhält und sämtliche sonstigen Zuflüsse unmittelbar wieder abfließen,

der Leasinggeber aufgrund der wirtschaftlichen Vorauszahlung (Defeasance) kein echtes Zahlungsausfallrisiko hat,

der Leasinggeber nicht das Risiko eines Wertverlustes der Leasinggegenstände trägt, sondern seine Finanzvorteile von der Wertentwicklung unabhängig sind und

die Beendigungsoption in Kombination mit den Regelungen zum Service Contract in erheblichem Maße die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß der Leasingnehmer die Beendigungsoption ausüben werde. Dies sei unabhängig von der Wertentwicklung der Leasinggegenstände, da der Kaufoptionspreis bereits vollständig angespart werde.

Zusammenfassend wird festgestellt, daß der Leasinggeber kein sinnvolles Interesse an den Leasinggegenständen habe und nicht wirklich Nutzen und Lasten des Eigentums erwerbe und daher für U.S. Einkommensteuerzwecke nicht als Eigentümer anzusehen sei.

III.

Als nächsten Punkt stellt das Schreiben des IRS dar, daß die Verwaltungsauffassung, wonach aufgrund der SILO-Transaktion kein U.S. steuerliches Eigentum übergegangen ist und es an wirklichen Verbindlichkeiten mangelt, durch jedes der folgenden Merkmale besonders evident werde:

die Verwendung von Einzweckgesellschaften (Single Purpose Corporations),

die Form der wirtschaftlichen Vorauszahlung mit der Folge der Zahlung im Kreis,

der Umfang der Defeasance von mehr als 90% oder

die Art des Leasinggegenstandes oder die Vorgeschichte seiner Verwendung für die Kommune ("nature of the property or ist historic connection to the community") machen es unwahrscheinlich, daß die Beendigungsoption später nicht ausgeübt werden könnte.

Der IRS stellt hierbei klar, daß ein Fehlen einzelner oder auch aller der vorgenannten Merkmale nicht zur steuerlichen Anerkennung der SILO-Transaktion führen würde.

IV.

Das Schreiben des IRS verweist auf die Gesetzesänderung aus 2004 (American Jobs Creation Act), durch die SILO-Transaktionen mit Vertragsschluß nach dem 12. März 2004 steuerlich nicht mehr anerkannt werden. Das damalige Gesetzgebungsverfahren habe aber aufgezeigt, daß dies keine Legitimierung von Transaktionen bedeute, die vor diesem Stichtag abgeschlossen worden sind. Derartige Alttransaktionen seien nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen. Die mit dem vorliegenden Schreiben dargestellte Verwaltungsauffassung für Alttransaktionen wird somit nicht durch die Gesetzesänderung aus 2004 in Frage gestellt.

Als weiterer Punkt wird die Argumentation angesprochen, daß sich die Vertragsparteien - wenn auch fahrlässig - auf eine günstigere steuerliche Behandlung verlassen hätten. Hierzu wird das Urteil eines U.S. Steuergerichts zitiert, in dem es heißt "Wenn sich, wie hier, einem Steuerpflichtigen etwas präsentiert, das wie die fabelhafte Möglichkeit zur Steuervermeidung aussieht, so sollte er bedenken, daß er bei seinem Vorgehen auf eigene Gefahr handelt" (When, as here, a taxpayer is presented with what would appear to be a fabulous opportunity to avoid tax obligations, he should recognize that he proceeds at his own peril).

V.

Gemäß unserer Einschätzung verfestigt die U.S. Finanzverwaltung mit der aktuellen Stellungnahme vom Juni 2005 ihre bereits im Februar 2005 veröffentlichte "Notice 2005-13". Beide Papiere stellen keine Steuergesetzänderung dar, sondern lediglich die Rechtsauffassung der U.S. Bundesfinanzbehörde. Es ist damit zu rechnen, daß die hierin enthaltene Verwaltungsmeinung regelmäßig den U.S. Betriebsprüfungen zugrunde gelegt wird und daher auch vom Investor bei der Planung seiner weiteren Vorgehensweise berücksichtigt wird.

Die Beurteilung des Cross-Border-Leasings durch die U.S. Finanzverwaltung ist aus Sicht des deutschen Steuerrechts keineswegs überraschend. Sie entspricht der althergebrachten sog. Gesamtplanrechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs. Demnach werden für die steuerrechtliche Beurteilung eine Mehrzahl von Rechtsgeschäften, die auf einer einheitlichen Planung (einem "Gesamtplan") beruhen und in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen, zu einem einzigen wirtschaftlichen Vorgang zusammengefaßt. Das wirtschaftliche Gesamt- oder Endergebnis wird sodann unter den Steuertatbestand subsumiert. Dies entspricht auch der ständigen Beurteilung des Cross-Border-Leasing Geschäfts durch die deutsche Finanzverwaltung und wurde in Deutschland in einer Vielzahl von verbindlichen Auskünften durch die für die deutsche Seite zuständigen Finanzämter bestätigt.

Auf der Grundlage der U.S. Verwaltungsauffassung aus Februar und Juni 2005 sind die in den Jahren 1999 bis 2004 abgeschlossenen U.S. Cross-Border-Leasing Geschäfte steuerlich nicht mehr vorteilhaft. Der ursprünglich bezweckte U.S. Steuervorteil wird voraussichtlich nicht erzielt werden können. Die Erwartungen der U.S. Vertragspartner hinsichtlich der steuerlichen Anerkennung der Leasingstruktur sind enttäuscht. Der Wegfall des bereits einkalkulierten Steuervorteils ist wirtschaftlich gleichbedeutend mit einem entsprechenden Verlust. Die zwischen 1999 und 2004 abgeschlossenen Cross-Border-Leasing Transaktionen stellen für die U.S. Seite aus heutiger Sicht somit ein großes Verlustgeschäft dar.

Düsseldorf, den 7. Juli 2005

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

In der New York Times vom 3. Januar 2008 heißt es dazu:

Lee Sheppard, a tax commentator for Tax Analysts, a trade publication, said, “No one who is doing a Silo will get off.”

http://tinyurl.com/ypn27d